Seminar und Paraná – Ankommen

Hey, hey, einfach 2 Monate hier in Argentinien sind schon rum! Die Zeit vergeht wirklich wie im Flug und ich bin immer noch erschrocken, wenn ich daran denke, dass schon 1/6tel vorbei sind… Aber fangen wir erstmal von vorne an:

Am 13.08. ging es für mich von zu Hause aus los. Am Hauptbahnhof in Berlin habe ich dann auf Lucy getroffen, noch die letzten Leute verabschiedet und schon stand der großen Reise nichts mehr im Weg. Nach einer entspannten Zugfahrt, in Frankfurt angekommen, haben wir die ersten Mitfreiwilligen wiedererkannt und schwuppdiwupp, einen Flug später, waren wir auch schon in Buenos Aires gelandet. Dort erwartete mich und fast 50 andere Freiwillige der IERP (Iglesia Evangélica del Río de la Plata; meine Partnerorganisation) ein zweiwöchiges Einführungsseminar. Zusammen verbrachten wir 2 Wochen, gefüllt mit Sprachkurs, inhaltlichen Workshops und Vorträgen, aber auch vor allem viel Spaß, Begegnungen, Kaffeepausen und mehr. Untergebracht war ich in einer riesigen WG, bestehend aus 18 Leuten und auch wenn das manchmal zu viel Chaos geführt hat, möchte ich diese Zeit auf keinen Fall missen! Generell die ganze Seminarzeit bleibt mir in extrem positiver Erinnerung, denn sie war superschön und bereichernd, auch wenn es natürlich teils anstrengend und überfordernd war, aber das gehört halt auch dazu, wenn alles neu ist und so viele Eindrücke und Emotionen auf einen prasseln. Doch dadurch, dass irgendwie alle Freiwilligen, was das angeht, im gleichen Boot sitzen, hat man während des Seminars superschnell  neue Leute kennengelernt, schon erste Freundschaften geschlossen und in so kurzer Zeit so viel erlebt, dass das echt zusammengeschweißt hat. Und somit verging auch die Seminarzeit schnell und der zweite Abschied in zwei Wochen stand an, denn für mich ging es ja noch weiter.

Zwar musste ich diesmal keine Ländergrenzen überschreiten, denn ich wohne ja weiterhin in Argentinien, aber mein Weg führte mich ca. 500km nördlicher, nach Paraná. Paraná ist mit 250.000 Einwohnern die Hauptstadt der Provinz Entre Ríos und direkt am Río Paraná gelegen. Hier lebe und arbeite ich ein Jahr lang zusammen mit meiner Mitfreiwilligen Lina. Wir wohnen zusammen in einem kleinen Zimmer mit Küche und Bad direkt oberhalb des Kindergartens, in dem ich arbeite. Die Kinder dort sind zwischen 0 und 3 Jahre alt und neben alltäglichen Aufgaben wie Essen vorbereiten, die Kita dekorieren, spülen oder aufräumen bleibt uns auch viel Zeit, um mit den „nenes“ zu spielen, basteln oder draußen zu toben. Es ist wirklich wahnsinnig süß zu sehen, wie die Kinder sich an einen gewöhnen und einem so schnell ihr Lächeln und viel Liebe zurückgeben! Ein gewisser Kita-Alltag ist also eingekehrt und tägliche Ohrwürmer von spanischen Kinderliedern sind natürlich auch nicht mehr wegzudenken…

Das Einzige, was mich ein wenig beunruhigt ist, dass teilweise echt wenig Kinder nur in der Kita sind. Eine der Erzieherinnen erzählte mir, dass früher 40 Kinder dort zur Kita gingen und mittlerweile sind es maximal 19 Kinder. Mit fünf Erzieherinnen und uns zwei Freiwilligen hat man an manchen Tagen, wenn zum Beispiel nur 5 oder 6 Kinder da sind, echt wenig zu tun und ein wenig Langeweile kehrt ein, auch wenn wir uns dann meistens trotzdem Beschäftigungen suchen, indem wir basteln, dekorieren oder andere vorhandene Aufgaben machen. Was genau mit der Kita passiert, wenn im Laufe des Jahres die Ältesten gehen, wissen wir auch noch nicht, aber bis dahin ist es ja auch noch ein wenig hin und vielleicht kommen ja in der Zwischenzeit wieder viele neue Kinder.

Neben der Arbeit, die, aufgrund der Öffnungszeiten, jeden Wochentag nur von 7 bis 13 Uhr geht, bleibt Lina und mir außerdem noch viel Zeit um unseren Tag anderweitig zu gestalten. So haben wir uns schnell eine Möglichkeit gesucht mehrmals die Woche Sport machen zu können und haben in den letzten Wochen auch die Zeit gut genutzt, um die Stadt ein wenig zu erkunden. Neben der Costanera, also dem Teil Paranás, welcher am Fluss entlangführt (wo es auch Strand mit Palmen gibt und wo ich jedes Mal glücklich bin, wenn ich von dort aus aufs Wasser sehen darf:)) gibt es auch ein süßes Stadtzentrum mit netten Cafés, Parks und Einkaufsmöglichkeiten. Wir müssen uns zwar immer noch ein wenig einleben und ankommen, aber im Großen und Ganzen kommen wir supergut klar, das Leben zu zweit auf engem Raum funktioniert eigentlich perfekt, auch was Kochen, Putzen etc. angeht, wir lernen erste Bekanntschaften kennen und fühlen uns hier allgemein sehr wohl!   

Wir waren sogar schon Teil einer Jugendfreizeit der IERP hier in Entre Ríos. Unser Nachbar hatte uns vor drei Wochen, also gar nicht so lang nach unserem Ankommen, eingeladen mit auf ein sogenanntes „Campamento“ zu fahren. Dieses fand in Crespo, einer Stadt, ca. 50 Minuten mit dem Bus entfernt von Paraná statt. Da wir das Wochenende über noch keine Pläne hatten und die Möglichkeit darauf neue Leute kennenzulernen, viel Spanisch zu sprechen und Etwas zu erleben für uns ideal erschien, sagten wir zu und fuhren mit ihm aufs Campamento. Es war letztendlich wirklich ein richtig tolles Wochenende mit viel Spiel, Spaß, Bewegung und natürlich – was hier nie fehlen darf – das Trinken von Mate beziehungsweise Terere (kalte Mate für die Sommermonate, die hier in der Region mit Saft zubereitet wird). Wir konnten wirklich wahnsinnig viel Spanisch reden, was echt Spaß gemacht hat, und haben auch neue Leute kennengelernt. Leider kommt zwar keiner von denen aus Paraná, sondern alle wohnen ein wenig verteilt, aber trotzdem kann man ja weiterhin Kontakt halten und sich über die nächsten Monate nochmal sehen.

Ein anderes Highlight war Linas und mein erster richtiger Wochenendtrip nach Buenos Aires. Dadurch dass letzten Freitag landesweit ein freier Tag war, konnten wir schon am Donnerstag direkt nach der Arbeit mit dem Bus losfahren und kamen abends am Retiro in Buenos Aires an, wo wir herzlich in Empfang genommen wurden. Das Wochenende über haben wir dann bei Mitfreiwilligen geschlafen, die etwas außerhalb von Buenos Aires wohnen, und haben mit ihnen und auch vielen anderen Freiwilligen, die in Buenos Aires beziehungweise Gran Buenos Aires (der Großraum um Buenos Aires rum) wohnen, Sachen erlebt. Von über den Markt schlendern, ins Café gehen, abends auf ein Konzert und dort sogar selber Musik machen, mal entspannt in der WG Spiele spielen und kochen, Buenos Aires und seine Sehenswürdigkeiten erkunden bis zu einem Geburtstag war alles dabei. Und wir haben es sogar zum Meer geschafft!

Es war echt die perfekte Mischung aus was Erleben und entspannt Zeit mit Freunden zu verbringen. Mal wieder rauszukommen und Leute wiederzusehen war echt wie Balsam für die Seele und das Wochenende ging aufgrund dessen auch superschnell vorbei und schon saßen wir am Sonntagabend wieder im Bus auf dem Rückweg nach Paraná, dem Ort, den ich für die kommenden 10 Monate noch mein Zuhause nennen darf:)

Die ersten zwei Monate in Paraguay

Moin moin nach Hause und in die ganze Welt aus Ciudad del Este, Paraguay!

Wir haben heute den 13. Oktober, was heißt, dass ich tatsächlich seit genau zwei Monaten in Südamerika bin! Verrückt. Obwohl ich mich tatsächlich immer mehr angekommen fühle, hab ich noch ganz genau den Reisetag vor Augen, wie ich am Hamburger Hauptbahnhof auf den Weg gebracht wurde und einen Tag später auf einmal in Buenos Aires war. Bis jetzt müssen wir, also meine Mitfreiwilligen und ich, uns immer wieder sagen, dass wir tatsächlich in Paraguay leben, für ein Jahr!
Naja genug Realisation betrieben, denn obwohl man sich schnell an einen so anderen Alltag gewöhnt, war die letzten zwei Monate für mich so viel neu wie noch nie. Begonnen hat das Ganze schon in Frankfurt am Gate, weil wir Nordkirche-Freiwilligen da direkt andere Freiwillige unserer Empfängerorganisation, der Iglesia Evangelica Rio de la Plata (IERP), kennengelernt haben. Insgesamt sind wir bei der IERP fast 50 Freiwillige, die in Argentinien, Uruguay und Paraguay in unterschiedlichen Projekten unseren Freiwilligendienst machen. Verbunden durch unsere Aufgeregtheit und Freude haben wir uns sehr schnell sehr gut kennengelernt und in Buenos Aires beim Anfangsseminar ne unglaublich schöne und intensive Zeit gehabt, die nach zwei Wochen auch schon wieder vorbei war. Schon wieder ein Abschied und das Gefühl, jetzt geht’s wirklich richtig los!


Und dann ging´s wirklich richtig los. Direkt nach  unserer 27-Stundenbusfahrt haben wir eine kleine Führung durchs Projekt bekommen und waren ein bisschen überwältigt davon, wie schön es ist. Ganz viel Platz zum Volleyball- und Fußballspielen, liebevolle Waldgemälde, riesige Mangobäume und viele Blumen machen irgendwie klar, warum das Projekt Hogar, also Zuhause, heißt. Nach einem Wochenende frei zum Ankommen und Organisieren waren meine Mitfreiwillige und ich den ersten Tag in unserem Projekt. Ganz viele Eindrücke und Kinder waren das für uns, aber wir wurden super herzlich empfangen vor allem auch von den Kindern, die uns direkt mit herzlichen Umarmungen willkommen hießen.
Unser Projekt heißt „Hogar de Niños Santa Teresa“ und ist ein Kindergarten und eine Kinderbetreuung für Kinder und Jugendliche bis 17 Jahren. Jeweils vormittags und nachmittags kommen die insgesamt ca. 100 Kinder und essen zusammen, lernen und machen Hausaufgaben, basteln, machen viel Quatsch und am Ende spielen alle zusammen im Patio. Die ersten Arbeitswochen konnten wir jeweils verschiedene Altersgruppen kennenlernen und besser verstehen, wie alles so funktioniert.


Teil vom Kennenlernen war natürlich auch immer mal rumzusitzen, zuzugucken und nichts machen zu können. Das fiel mir im Projekt am Anfang am schwersten: keine Hilfe zu sein und manchmal auch das Gefühl zu haben, dass es egal ist, ob man gerade da wäre. Allerdings wurde das schnell immer weniger. Durch das anfängliche Beobachten konnten wir den Erziehern und Erzieherinnen besser helfen. Mit einfachen Sachen wie Tragen und Sortieren aber auch Mathe und Spanisch können wir mit einigen Kindern üben. Und hauptsächlich machen wir sehr viel Quatsch mit den Kindern beim Spielen oder geben Anschwung wenn jemand mal wieder: „Tocame más fuerte!“ ruft. Die Arbeit im Projekt ist zwar an manchen Tagen sehr anstrengend, vor allem bei teilweise 38 Grad, erfüllt mich aber sehr. Ich habe mittlerweile das Gefühl, eine sinnvolle Hilfe zu sein. Mal gibt’s mehr und mal weniger zu tun, aber gerade die Liebe, die die Kinder einem geben, macht mich immer wieder sehr glücklich.


Obwohl die Arbeit im Projekt viel Energie und Zeit eingenommen hat in den ersten Wochen, war das nicht alles, was ich hier schon so erlebt habe. Immer besser lernen wir unsere Stadt, die direkt an der Grenze zu Argentinien und Brasilien liegt, kennen. Die Hauptattraktion von Ciudad del Este ist ein riesiges Shoppingcenter, das wir am Anfang einmal besichtigt haben. Allerdings fanden wir, dass diese Shoppingmall aussieht wie jede andere auf der Welt. Zusammen mit viel Verkehr und Smoq hat mich dieser Eindruck am Anfang ein bisschen belastet. Wir hatten nach unserem Empfinden noch keinen richtig schönen Ort in der Stadt gefunden und das Gefühl, dass es den nicht gäbe. Umso besser hat mir getan, bei unseren nächsten Ausflügen mehr zu sehen wie einen schönen und mückigen Stadtsee, über den uns ein Kind überraschend erzählt hat, dass es da ein Krokodil gibt. Oder einen tropischen Fluss mit schöner Natur zum Spazierengehen bei uns in der Nähe, den Gemüse-und-Alles-Markt, ein Café, unser Viertel und mehr. Und jetzt schon kann ich sagen: es gibt unglaublich viele sehr schöne Orte, an denen ich noch viel Zeit verbringen möchte.


Allein diesen Sonntag hat mich sehr erfüllt, einen Spaziergang zu machen, neben einem Fußballplatz unter einem Mangobaum bei drei verschiedenen spanischen Musiken Siesta zu machen und auf dem Rückweg bei einer kleinen Tienda ein kaltes Sprudelwasser mit Limette zu trinken.

Für die nächste Zeit nehme ich mir jetzt vor, hier noch mehr kennenzulernen. Nächsten Mittwoch haben wir vier Freiwilligen zum Beispiel vor, einen Salsatanzkurs auszuprobieren. Da bin ich sehr gespannt drauf und auch sonst fühle ich mich jetzt so angekommen, dass ich mehr von und über mein neues Zuhause lernen und Menschen kennenlernen möchte.

Ich freue mich auf alles, was noch so kommt, hab aber auch jetzt schon die Sorge, dass ich viel zu schnell dann wieder am Hamburger Hauptbahnhof stehe und alles vorbei ist. Wobei ich dann endlich wieder die weltbesten Franzbrötchen habe, ohne die ich jetzt noch 10 Monate hier in Ciudad del Este, Paraguay, leben werde.
Insgesamt kann ich jetzt schon sagen, dass trotz vielen emotionalen Aufs und Abs und Schwierigkeiten oder gerade deswegen, ein Jahr einen Freiwilligendienst in Paraguay zu machen das absolut Richtige für mich ist.

Galigrü oder ortstypischer:
Un beso y un abrazo fuerte,

Ben

Moin Kapstadt

Am 16. August bin ich in Kapstadt angekommen. Es ging vom deutschen Sommer in den windigen südafrikanischen Winter trotzdem konnte ich mich mittlerweile einigermaßen einleben. Obwohl es einige Startschwierigkeiten wie Bettwanzen in der WG und einem frühen Kratzer im Auto vom Einparken gab, fühle ich mich in Kapstadt immer wohler.

Meine Arbeitsstelle

Meine Arbeitsstelle, die New World Foundation, hat zwei wichtige Standorte, in denen ich eingesetzt werde: zum einen den Center wo die Arbeit mit Kindern stattfindet, und zum zweiten die Farm, wo ein Agrar-Kurs angeboten wird. Im Moment bin ich immer abwechseld einen Tag im Center und einen Tag auf der Farm.

Im Center arbeite ich den Vormittag immer in der ECD (Early Childhood Development), das ist der Kindergarten. Dort spiele ich mit den Kindern oder helfe ihnen beim Basteln. Die Kinder bereiten sich im Moment auch auf eine Show vor, die im November stattfinden soll. Dafür lernen sie alle einen Tanz. Und ich bringe meiner Kindergartengruppe auch „alle meine Entchen“ bei, dass sollen Kinder dann bei ihrem Auftritt versuchen zu singen. Da der Tag immer recht durchgetaktet ist, ist es mir am Anfang relativ schwergefallen, mich einzubringen. Außerdem ist es schwierig, die Kinder zu verstehen, weil sie oft eine Mischung aus Afrikaans und Englisch sprechen. Leider haben sich meine Afrikaans-Kenntnisse noch nicht deutlich gebessert, seit ich hier bin. Das plane ich aber noch zu ändern. Am Nachmittag im Center nehmen wir manchmal am „Year beyond“-Programm teil. Dies beinhaltet 25 junge lokale Freiwillige, die Schulkinder unterstützen, die versetzungsgefährdet sind. Die Freiwilligen bringen die Kinder zur Schule, machen Hausbesuche bei den Eltern und geben ihnen Nachhilfe. Außerdem werden die Kinder über Themen wie Drogen oder Umgang mit Notfällen von den Freiwilligen aufgeklärt. Dabei gehe ich mit in die Schulen für die Hausaufgabenhilfe oder einfach für die Bespaßung der Kinder. Manchmal bieten wir auch einfach Unterhaltungsprogramme außerhalb der Schule an für die Kinder, die nicht mehr in die Schule gehen. Außerdem muss ich seit neustem auch einen Computerkurs leiten, der jungen Menschen den Umgang mit Word, Excel oder PowerPoint näherbringen soll. Damit starte ich ab nächster Woche.

Auf der Farm nehmen wir an einem Agrar-Kurs Teil. Dieser bringt Leuten aus der Umgebung den Umgang mit Anbauen, Ernten und Verkauf von Gemüse bei und ist auch mit einer Zertifizierung verbunden. Der Kurs hat mit relativ viel Theorie begonnen, ist aber nun auch praktisch und die ersten Setzlinge wurden eingepflanzt. Der Kurs soll drei Monate lang dauern und dabei neben landwirtschaftlichen Fähigkeiten auch den Umgang mit Computern und wirtschaftliches Denken fördern. 

Die Gewalt

Was mich wirklich in den ersten Monaten nach meiner Ankunft beschäftigt hat, ist die Gewalt hier. Es ist erschreckend, wie viel Gewalt man hier miterlebt, oder vor allem, wie normal es hier für die meisten Anwohner geworden ist. An das Geräusch von Schüssen zum Beispiel hat man sich schon langsam gewöhnt. Aber vor allem welche Geschichten man hier hört, ist erschreckend – besonders, mit welcher Leichtigkeit diese erwähnt werden. So wird zum Beispiel im Nebensatz berichtet, dass vor ein paar Tagen eine Frau erschossen wurde, die nichts mit Kriminalität zu tun hatte, sondern von den Angreifern verwechselt wurde. Vor allem hat mich die Geschichte einer Arbeitskollegin entsetzt, die kaum älter ist als ich. Sie erzählte, dass sie vor ein paar Jahren gesehen hat, wie eine komplette Familie vor ihr erschossen wurden. Sie schilderte auch, dass die Kinder sehr viel Angst hatten. Was mich noch mehr geschockt hat als die Geschichte an sich, war mit welcher Kühle sie dieses so schreckliche Erlebnis erzählte. Es ist erschreckend sich vorzustellen, was eine Person hier schon alles an Gewalt erlebt haben muss, damit eine solches Erlebnis gar nicht mehr nahe geht.

Aber der Höhepunkt für mich war, als wir einmal im Rahmen des „Year beyond“-Programm unterwegs waren. Wir sind in die Community gegangen, um eines der Spaßprogramme für die Kinder anzubieten, die nicht mehr in die Schule gehen. Als wir dann dort auf einem Parkplatz saßen und mit ein paar Kindern spielten, kamen mehrere Personen über die Straße gelaufen. Plötzlich warnte uns einer der lokalen Freiwilligen, unser Handy wegzutun, und dann hieß es, wir sollen rennen und alle liefen weg. Später wurde uns erklärt, dass diese Leute so gelaufen seien, als würden sie Waffen tragen, und wahrscheinlich nach jemanden gesucht hätten. Zum Glück kam es aber nicht dazu, dass geschossen wurde. Und wieder fand ich es besonders befremdlich, mit welcher Leichtigkeit alle reagiert haben: Die lokalen Freiwilligen rannten zwar weg, fingen aber dabei an zu lachen, weil einer ihrer Freunde dabei ausgerutscht war. Beim Rückblick am Ende der Woche wurde bei den Highlights, die die lokalen Freiwilligen jede Woche sammeln das Ereignis als „the amazing race Ben & Lou“ benannt.

Sicheres Ankommen in Kapstadt?

Am 16. August 2024 sind Ben und ich mit Vorfreude in Kapstadt gelandet. Freundlich wurden wir von dem Fahrer der New World Foundation empfangen und zu unserem Haus für die nächsten 12 Monate gefahren. Nun waren wir also endlich da.

Unser Haus, welches wir uns nur zu zweit teilen, ist auf der Farm der New World Foundation. Die Farm ist von einem großen Sicherheitszaun umzogen und man kommt nur auf die Farm, wenn die Security das Tor für einen öffnet. Somit ist für die Sicherheit auf jeden Fall gesorgt (zumindest auf der Farm). Von der Farm aus können wir auf die Township Lavender Hill gucken und bekommen trotz einem gewissen Abstand viel von hier aus mit. Was alles außerhalb der Farm vor sich geht, sollten wir schnell erfahren…

In unserer ersten Arbeitswoche wurden wir von den „Yebos“ (18-25-Jährige) zu Fuß durch Lavender Hill geführt. Wir haben „home visits“ mit ihnen durchgeführt, wo man zu bestimmen Eltern geht und mit ihnen über Themen, wie zum Beispiel Drogenkonsum oder häusliche Gewalt, spricht. Obwohl es durchaus interessant ist durch die Gegend zu laufen und einen besseren Eindruck von den Lebensbedingungen zu bekommen, habe ich mich nie ganz wohl dabei gefühlt. Letztendlich weiß man nie genau, wie die Bewohner auf zwei Deutsche reagieren. Man weiß nie, wer gerade vielleicht unter seiner Jacke eine Waffe versteckt. Und das haben wir dann direkt an unserem dritten Arbeitstag zu spüren bekommen. 

Nachmittags sind wir mit einer Gruppe von den „Yebos“ in die Community gegangen und haben uns dort an eine Straßenecke gesetzt, um auf Kinder zu warten, die mit uns spielen wollen. Ich hatte gerade noch auf mein Handy nach der Uhrzeit geguckt und auf einmal hat eine von den „Yebos“ (Amy) mir schon zugeflüstert, dass ich schnell mein Handy wegstecken soll. Dies habe ich direkt gemacht, ohne zu wissen, warum. Und auf einmal ging alles superschnell. Amy hat mich an meinem Arm gepackt und mitgerissen. Auf einmal hieß es nur noch „RUN! RUN! RUN!“. Ich bin also direkt aufgesprungen und mitgerannt. Ich wusste, dass irgendwas nicht stimmte, aber konnte die Situation nicht ganz einordnen, da die Yebos zum Teil während des Rennens gelacht haben. Dadurch konnte ich die Situation selbst erstmal nicht so ernst nehmen. Als wir dann bei der Foundation wieder angekommen waren, habe ich nachgefragt, was denn überhaupt passiert war und Amy erzählte mir, dass auf dem Platz, wo wir saßen, Männer mit Waffen gekommen sind und eine Schießerei anfangen wollten. 

Meistens haben diese Leute immer ein direktes „Opfer“, welches sie erschießen wollen. Ihnen ist es in dem Moment dann aber egal, wer sich drum herum befindet und schießen einfach wild herum, um auch Zeugen zu beseitigen. Deswegen ist es wichtig, so schnell wie möglich die Gefahr der Situation zu erkennen und um sein Leben zu laufen. 

Als Ben und ich die Gefahr danach dann erst richtig realisiert haben, mussten wir beide erstmal ordentlich durchatmen. Auch, wenn wir jede Woche inzwischen mehrmals durch Lavender Hill laufen müssen und man zum Teil weiß, wo es gefährlicher ist und wo es eher ruhiger ist, fühlt man sich nach der ersten Erfahrung nie ganz sicher. Trotz der Gewalt, die hier definitiv nicht zu ignorieren ist, lernt man aus Lavender Hill auch sehr aufgeschlossene Menschen kennen, die an einem Kulturaustausch sehr interessiert sind. Die täglichen Schießereien, die man öfter mal abends hört, wenn man in seinem Bett liegt oder auch die erschreckendsten Geschichten, die man von Kollegen oder Mitgliedern erzählt bekommt, gehen einem trotzdem nie aus dem Kopf. 

Die Kinder, die in diesem Township aufwachsen, haben Dinge durchgemacht, die man sich in Deutschland zum Teil gar nicht vorstellen kann. Dinge, die außerhalb von Lavender Hill oft verschwiegen werden. Dinge, die hier leider als normal und alltäglich angesehen werden. 

Somit ist es mir umso wichtiger, den Kindern morgens im Kindergarten die Liebe zu schenken, die sie zum Teil zuhause nicht bekommen. Ich freue mich jeden Tag auf Umarmungen von den Kindern aus meiner Gruppe und bin gespannt, was wohl an dem Tag auf mich zukommen wird.

Totsiens uit Kaapstad

Nicht aller Anfang ist schwer

Noch jetzt, fast zwei Monate später fällt es mir manchmal schwer zu realisieren, dass ich in China angekommen bin und das Abenteuer, auf das ich so lange drauf hin gefiebert habe schon mitten im Gange ist….


Noch jetzt, fast zwei Monate später fällt es mir manchmal schwer zu realisieren, dass ich in China angekommen bin und das Abenteuer, auf das ich so lange drauf hingefiebert habe schon mitten im Gange ist. 

Die letzen Wochen sind wortwörtlich wie im Fluge vergangen.

Ich habe lange darüber nachgedacht, wie ich einen Außenstehenden bestmöglich an meinen Erfahrungen teilhaben lassen kann und ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass es garnicht mal so einfach ist, die ganzen vielen Eindrücke in einem Text wiederzugeben, aber ich versuche mein Bestes. 

Bevor ich anfange möchte ich noch ein kleines Vorwort loswerden, versprochen, dann beginne ich wirklich mit meinen „ersten“ Eindrücken. 

In den letzten Wochen habe ich so viele neue Menschen kennengelernt, die mich sehr herzlich aufgenommen haben.
Sie haben mir einmal mehr deutlich gemacht,  wie wichtig es ist offen gegenüber diesem Land zu sein, das es wichtig ist seine eigenen Erfahrungen zu machen und den Menschen, der Kultur und der Gesellschaft ohne Vorurteile und Erwartungen gegenüber zu treten und sich auf sie einzulassen.

Alte Kindheitserinnerungen mischen sich mit neuen Erfahrungen 

„你吃过饭了吗?“ oder auch „Hast du schon etwas gegessen?“ 

Das ist mit einer der häufigsten Sätze, die man als Begrüßung zu hören bekommt. Dieser Satz beinhaltet vor allem zwei Intentionen.
Ganz nach dem Motto Liebe geht durch den Magen möchte sich dein gegenüber damit erkundigen, ob du heute schon etwas gegessen hast und ob es dir gut geht.

Sollte das nicht der Fall sein, so wird man entweder immer direkt zum essen eingeladen, oder man bekommt etwas angeboten. Das ist somit die zweite Intention. 

Ich finde die Idee dahinter eigentlich echt schön, denn man kommt viel einfacher mit anderen Leuten ins Gespräch, und entdeckt nebenbei auch ganz viele „geheime“ Lokale, die man als nicht-einheimischer nicht gefunden hätte. 

Einen großen Teil meiner Kindheit habe ich in China, um genauer zu sein in Yunnan, verbracht, da meine Mama Chinesin ist. 
Aus diesem Grund waren meine ersten Eindrücke ein Gemisch aus Altbekannten und neuen Erfahrungen. 

Angekommen sind wir in Nanjing, der geschichtlichen Hauptstadt im Osten Chinas, wo unser Vorbereitungsseminar starten sollte.

Insgesamt ging dieses Seminar einen Monat. Drei Wochen davon haben wir in Nanjing verbracht. Eine Woche in der Landeshauptstadt Lanzhou in der Provinz Gansu im Norden Chinas. 

Unsere Partnerorganisation ist die Amity Foundation. Sie ist eine unabhängige chinesische Nichtregierungsorganisation, die 1985 auf Initiative chinesischer Christen von Bischof K.H. Ting gegründet wurde, um Bildung, soziale Dienste,  Gesundheit, ländliche Entwicklung, Umweltschutz und Katastrophenhilfe von Chinas Küstenprovinz im Osten bis zu den Minderheitengebieten des Westens zu fördern. 

Während unserer Zeit dort haben wir nicht nur die Möglichkeit bekommen einige Projekte der Amity näher kennenzulernen indem wir einige Tage einen Blick hinter die Kulissen werfen durften,  sondern haben auch einen tollen Einblick in die chinesische Kultur und ihre Traditionen bekommen. 

Von Kalligraphie, chinesischer Kunst bis zu Museen und spannenden Präsentationen über Themen wie die muslimische Kultur in China war alles dabei.
In diesem Beitrag alles zu beleuchten würde den Themen und Menschen, die das alles möglich gemacht haben nicht gerecht werden.
Aus diesem Grund möchte ich mich auf drei Erfahrungen beschränken, die mir besonders im Gedächtnis geblieben sind und diese näher erörtern. 

Der Kalligraphie Workshop und der Workshop zur chinesischen Kunst.         
                   
Auch wenn ich zugeben muss, dass ich kein besonders großer Kunstliebhaber bin, haben mir diese Workshops sehr viel Spaß gemacht. Wir haben nicht nur für uns einzigartige Souvenirs daraus mitgenommen, sondern auch einen tieferen Einblick in die Kultur und Traditionen bekommen. 

Ein paar Ergebnisse unseres Kalligraphie Workshops


Das Haolaiwu Home Elderly Care Service Center                         
                                                 
 
Für drei Tage hatte ich die Möglichkeit in einem Altenheim zu helfen und die Menschen bei ihrem Alltag zu begleiten.
Das Altenheim befindet sich momentan in einem Krankenhaus, da das eigentliche Gebäude renoviert wird. 
Vorort haben wir kleinere Gymnastikeinheiten geleitet und ich habe auch ein paar Lieder auf meiner Kürbisflöte (ein traditionelles chinesisches Instrument aus Bambus, welches ich seit meiner Kindheit in China spiele) für die Bewohner gespielt.

Das schönste dabei für mich war vor allem mit den Leuten in den Austausch zu kommen und sich mit ihnen zu unterhalten.
Meine Mitfreiwilligen waren aufgrund von einer Grippe, die der Klimaanlage zu schulden ist, krank geworden.

Kleiner Funfact, Nanjing zählt zu den drei größten „Hitzekesseln“ Chinas.
Während unseres Aufenthaltes hatten wir meistens 39 Grad und ein sehr schwüles Wetter,  weshalb sich eine Klimaanlage mit nur 32 Grad echt erfrischend angefühlt hat, und ja, ich hätte auch nie gedacht, dass ich das mal sagen werde. 

„The Memorial Hall of the Victims in Nanjing Massacre“                

Vom 13. Dezember 1937 bis Januar 1938 besetzten japanische Truppen Nanjing, die damalige Hauptstadt Chinas, und massakrierten über 300.000 Zivilisten und Kriegsgefangene.
Dieses blutige Ereignis wurde später der Welt als „Nanjing-Massaker“ bezeichnet.

Das Museum zeigt eine Fülle von historischen Aufzeichnungen, Artefakten und Fotografien, die einen tiefgreifende Gedenkraum schaffen und mich tiefberührt und zum nachdenken angeregt haben. 

Nach drei Wochen sind wir dann tausend Kilometer weiter geflogen in die Landeshauptstadt der Provinz Gansu. 

Gansu ist eine chinesische Provinz,  die zwischen der Wüste Gobi, dem tibetischen Hochplateau und Xinjiang liegt. Sie wird vom Gelben Fluss geprägt und weite Teile der Provinz sind gekennzeichnet durch Wassermangel. 

Gansu ist ein zentrales Bindeglied der Seidenstraße, auch deshalb leben dort unterschiedlichste Ethnien und Minderheiten. 

Etwas was ich hier an der Stelle nochmal ins Bewusstsein rücken möchte ist, dass Gansu flächentechnisch sogar ein kleines bisschen größer als Deutschland selbst ist. 

In Lanzhou haben wir unseren zweiten Teil des Seminars absolviert. Wir haben ein intensives Training rund um das Thema Schule in China bekommen und uns mit den Fragen „Wie gestalte ich eine Unterrichtsstunde?“, „Was für Regeln gibt es an einer chinesischen Schule?“ und vieles mehr beschäftigt.  

Das alles ist nun über einen Monat her, aber es fühlt sich für mich an, als wäre es erst gestern gewesen. 

Seit einem Monat bin ich nun an meiner Einsatzstelle und jetzt schon fühle ich mich sehr wohl hier und kann es kaum erwarten euch mehr über meinen Alltag und die Menschen um mich herum zu erzählen und sie euch vorzustellen. 

Ich möchte mich nun mit der Frage: „你吃过饭了吗?“ verabschieden und bin neidisch auf die Leute dessen Antwort gewesen wäre „ja ich habe gerade Brot gegessen“, denn ich muss zugeben, so langsam vermisse ich Brot welches nicht süß ist. 

Bienvenidos a Paraguay

Heute ist der 13 Oktober, zumindest in Paraguay, vor genau zwei Monaten stand ich in Deutschland am Flughafen, voller Neugierde, Vorfreude, Zweifel und Ängste. Natürlich hatte ich die Blogbeitrage gelesen und meine Vorfreiwillige Malena etwas zu oft mit Fragen durchlöchert, aber vollständig vorbereitet habe ich mich natürlich trotzdem nicht gefühlt. Jetzt, nach zwei Monaten kann ich sagen, dass ich so viel erlebt und gelernt habe und immer noch nicht sagen kann, dass ich Bescheid weiß. Es ist in vielen Hinsichten noch immer ein Ankommen und Einleben, auch wenn sich mittlerweile schon Alltag eingeschlichen hat. Es ist ein Paradoxes Gefühl, ich kenne mich etwas mehr in der näheren Umgebung aus, gehe ganz normal Einkaufen, kann mich besser verständigen und werde auf der Arbeit immer hilfreicher. Andererseits merke ich doch noch immer wieder, dass eine Annahme falsch war, ich mich in der Stadt noch gar nicht auskenne und ich in Spanisch weder konjugieren noch Zeitformen nutzen kann. Ich bin Angekommen aber noch nicht hier.

unsere neue Unterkunft

Vieles von dem ich vor dem herkommen dachte, dass es ein Problem für mich sein könnte war im Endeffekt gar nicht so dramatisch, sondern eher eine Tatsache die ich zur Kenntnis nehmen und mein Verhalten entsprechend anpassen musste. Beispiele dafür sind, dass wir das Wasser aus dem Hahn nicht trinken sollten, Klopapier nicht in die Toilette darf, dass es Stromausfälle gibt oder dass wir Kakerlaken in der Küche haben. Für alles gibt es leichte Lösungen oder man lebt einfach damit.

Eine Sache gibt es allerdings, an die ich mich immer noch gewöhnen muss: Es gibt keinen Fahrplan der Regionalen Busse. Es macht mir nichts aus, dass der Bus keine Feste Zeit hat wenn er ankommt, was mich allerdings nervt, ist dass ich keine Buslinien kenne. Ich weiß nicht wo die Busse vorbeifahren und wohin sie gehen, nachdem ich nachgefragt habe, hat sich herausgestellt, dass es dazu keinen Plan gibt, man muss es einfach durch Zufall oder nachfragen herausfinden. Das bedeutet aber auch, dass wenn ich irgendwo spontan hinmöchte, ich immer einen Bolt (das ist etwas wie ein Uber oder Taxi hier) nehmen muss. Das ist natürlich auf lange Sicht Teurer und weniger Umweltfreundlich als ein Bus.

Generell läuft das mit den Bussen etwas anders hier und meiner Meinung nach vielleicht sogar besser als in Deutschland. Der Bus hat keine Haltestellen, sondern statdessen eine feste Strecke. Kommt der Bus vorbei, winkt man ihn raus und er hält an. Möchte man aussteigen sagt man schnell bescheid oder drückt auf einen Knopf und der Bus stoppt. Dadurch kann man überall entlang der Strecke ein und aussteigen. Es ist so eine kleine Veränderung aber sie macht so einen großen Unterschied. Wobei ich mir noch nicht ganz sicher bin, ist wie das mit den Preisen funktioniert, ich glaube man zahlt einfach egal wie lang man fährt den gleichen Preis (ca 60ct)

Meine größte Sorge als ich hierherkam war die Sprachbarriere. Ich hatte kein Spanisch in der Schule (oder wie es hier genannt wird: Castellano) und obwohl ich versucht habe mir selber möglichst viel anzueignen bevor ich hierherkam, hat das bei weitem nicht gereicht. Hier in Ciudad del Este spricht eigentlich kein Englisch oder Deutsch, und so muss ich wohl oder übel mit meinem Spanisch auskommen. Ich weiß noch nicht ganz ob ich das gut oder Schlecht finde, ich lerne so sehr viel mehr von der Sprache und wahrscheinlich auch schneller, aber es ist auch ein Stück anstrengender und manchmal wünsche ich mir einfach, dass man mich versteht, auch ohne dass ich wilde Gestik nutze. Wenn ich alleine bin, traue ich mich immer mehr zu sprechen, aber mit anderen lasse ich ihnen oft doch noch den Vortritt, ich habe also noch einen weiten Weg zu gehen.

Vielleicht ist jetzt der Punkt, an dem ich meine Zeit hier etwas konkreter beschreiben sollte.

Ich wohne hier in einer WG mit drei anderen deutschen Freiwilligen. Wir hatten uns alle in Buenos Aires kennengelernt. Nach zwei Wochen Vorbereitungsseminar sind wir in einem Bus nach Ciudad del Este gefahren, wobei wir prompt dem ersten Problem begegneten. Uns war eingetrichtert worden, dass wir an der Grenze nach Paraguay unbedingt einen Stempel im Reisepass brauchen, das haben wir Prompt in eigene Hand genommen, stiegen an der Grenze aus und holten ihn uns. Dann erst merkten wir, dass wir gestrandet waren, an der Grenze ohne Internet oder der richtigen Währung. Eigentlich hätten wir nämlich zuerst an die Endstation fahren sollen und wären mit unseren Ansprechpartnern nochmal zu der Grenze gefahren. Zum Glück schafften wir es einen Bus zur Endstation zu finden, zahlten in Dollarn und kamen sicher in unserem neuen Zuhause an.

Die erste Woche arbeiteten wir noch nicht. Wir verbrachten viel Zeit zuhause und gewöhnten uns an die Eigenheiten wie beispielsweise dem sehr niedrigen Wasserdruck oder an einem Gasherd zu kochen. Wir erkundeten unsere nähere Nachbarschaft und haben rausgefunden das es hier extrem viele Obstbäume gibt – Papayas, Mangos, Bananen und vieles mehr, sogar einige von denen ich noch nie gehört hatte. Unsere Nachbarin, die auch meine Arbeitskollegin ist, hat mir ein neues Obst gezeigt, dass, wenn ich mich nicht täusche, Nispero heißt, es schmeckt relativ Sauer und leicht süßlich und schmeckt mir unglaublich gut.

neue Frucht zum Ausprobieren

Dann, ging es endlich ans Eingemachte. Der erste Arbeitstag. Um ehrlich zu sein hat er mich etwas beunruhigt. Im Endeffekt saßen wir den Großteil des Tages nur in einer Ecke und beobachteten die Geschehnisse. Zum Glück weiß ich jetzt, dass so ein Tag eher die Ausnahme als die Regel ist. Ich arbeite in der Organisation Callescuela, die hat hier in Ciudad del Este zwei Standorte. Einer ist 10 Minuten weg und wird St. Anna genannt, da das Barrio (der Stadtteil) so heißt. Die andere liegt in Km9. sie wird auch Esmeralda genannt, wenn ich es richtig verstanden habe ist das weil die Straße so heißt, aber ich könnte damit ehrlich daneben liegen. Dort arbeite ich, zumindest für das erste halbe Jahr.

Esmeralda

Mein Arbeitsweg ist etwas länger. Zuerst laufe ich 25 Minuten zu meiner Bushaltestelle. Es gibt zwar eine Straße, aber keinen Fußgängerweg. In diesem Aspekt erinnert mich Paraguay ehrlich an das was ich von Nordamerika gesehen habe. Autos werden Fußgängern gegenüber sehr eindeutig priorisiert. Meistens gibt es Trampelpfade neben der Straße, aber an ein paar punkten muss ich mit den Autos laufen. Ein weiterer Unterschied zu den mit bekannten Straßen sind die vielen Geschwindigkeitsregelnde Hubbel (oder Bremsschwellen) das Problem damit ist, dass entweder die Hubbel größer oder die Autos tiefer liegen. Fakt ist, dass ich schon in so manchem Auto saß das recht heftig aufsetzte. die meisten fahren in einer extremen Schieflage rüber um das Aufsetzen zu vermeiden. ich habe sogar schonmal gesehen, dass jemand unvorsichtig war, und komplett Aufsetzte, der wackelte dann wie auf einer Wippe. Andere Menschen mussten helfen das Auto zu befreien. Die letzte Umgewöhnung ist wie oft ich auf meinem Heimweg an gehupt werde.. und das nicht, weil ich auf der Straße gehe. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich über eine Woche gebraucht habe um es zu realisieren. Normalerweise schaue ich beim Laufen auf den Weg um nicht zu stolpern, aber an dem Tag schaute ich hoch und mir wurde mit den Händen ein Herz gezeigt, außerdem beliebt ist das Handtelefon oder einfach nur ein intensives starren. Dazu muss ich aber sagen, dass es nie weiter geht als das. Noch nie hat jemand angehalten und ich habe mich kein einziges Mal unsicher gefühlt, es ist, wenn überhaupt, etwas nervig.

An der Bushaltestelle angekommen (oder eher an der Straße an der der Bus entlang fährt) fahre ich eine Viertelstunde mit dem Bus und bin dann schon so gut wie da. Meine Arbeitsstelle liegt am äußeren Rand der Stadt. Es sieht dort auf jeden Fall schon anders aus, viel ländlicher als wo wir wohnen, aber diese Qualität ist auch was ich so sehr daran liebe. Alle dort sind eine sehr enge Gemeinschaft, ich erkenne alle Mütter und weiß bei der Hälfte der Häuser an denen ich vorbei laufe welches Kind dort wohnt.

Mein Weg nach Hause

Mein Arbeitstag sieht je nach Wochentag unterschiedlich aus. Dienstag und Donnerstag ist Schule angesagt… oder zumindest so was ähnliches. Die Kinder gehen getrennt von der Callescuela zur Schule, aber was bei uns passiert ist etwas wie Nachhilfe oder weiterführender Unterricht. Meistens erklärt die Lehrerin nochmal was sie in der Schule gelernt haben oder es wird einfach nur Aufgaben geübt. Manchmal werden auch die Hausaufgaben gemacht. Ich kann mittlerweile auch schon richtig Mithelfen. Mathe kann ich richtig gut erklären und wenn sie schreiben üben müssen ist meine Aufgabe meistens ein Diktat aufzugeben, während sie meine Aussprache korrigieren. Oft helfe ich irgendwo hinten ein paar Kindern die bei der offiziellen Einheit nicht ganz so gut klarkommen.

Die Kinder sind alle sehr lustig drauf und haben schon viele kreative Wege gefunden mit mir zu kommunizieren. Immer wieder gibt es Missverständnisse über die wir gemeinsam lachen, zum Beispiel habe ich einen Ring getragen und die Kinder wollten wissen ob ich verlobt bin, die frage hab ich erst nach zwei Mal Umformulieren verstanden und um zu zeigen dass ich sie verstanden habe hab ich erst „ah ja ja“ und dann „nein“ gesagt. darüber haben sie noch eine ganze Weile gelacht und haben sich über mich lustig gemacht, weil ich „verlobt“ bin.

einem Mädchen wurde langweilig…

Mittwoch und freitags gibt es einen Kindergarten. Dort fällt es mir in dem Sinne leichter, dass es die Kinder nicht kümmert ob ich Spanisch kann oder nicht. solange ich ihnen „Oh, wie schön“, „Oh, wie groß“ oder „Ach wie toll“ sagen kann sind sie zufrieden. Die Kleinen sind Super süß und quirlig, es macht extrem viel Spaß mit ihnen zu spielen und tanzen. Der große Nachteil: die ständigen Ohrwürmer von Kleinkinderliedern. Sobald jemand einen Schmetterling sieht stecken sofort fünf Schmetterlingslieder in meinem Kopf.

Samstag ist der wohl interessanteste Tag, aber leider auch der an dem ich am wenigsten verstehe. Am Samstag sind nämlich die CONNATS (Kooperation der arbeitenden Kinder) oder NNTSM (Kinderarbeit ohne Mauern) oder NNATS en Lucha (Arbeitende Kinder im Kampf) treffen. Wie die Namen schon sagen sind sie Politisch. Kinderarbeit ist hier weit verbreitet, sei es im Familienladen, auf der Straße oder dass sie den Haushalt schmeißen, die meisten Kinder mit denen ich arbeite arbeiten selber auch. In diesen runden reden sie über ihre Lage, oder ihre Rechte, diskutieren verschiedene Politische Geschehen oder Sprechen über die CONNATS und ihre Ziele. Manchmal organisieren sie sogar Demos und andere Aktionen. das was ich aus den Runden verstehe ist extrem interessant, aber leider nehme ich noch nicht alles mit. Danach geht es immer auf den Spielplatz wo wir immer viel spaß zusammen haben. Wir spielen Fußball oder Volleyball, sogar Klatchsspiele habe ich beigebracht bekommen – obwohl die tatsächlich gleich sind wie in Deutschland mit etwas anderen Wörtern.

Außerhalb von der Arbeit gibt es leider noch nicht so viel in meinem Leben. Es ist hier nicht so einfach, nach einer Sportart zu Googlen; die meisten Vereine haben nicht einmal eine Webseite. Ich habe ein paar Stunden gebraucht, um überhaupt herauszufinden, ob es von einem Sport eine Frauenmannschaft gibt. Wir wollen alle als WG zu einer Tanzschule gehen und uns dort ausprobieren, und ich habe mittlerweile sogar zwei Rugbymannschaften gefunden, welche ich vielleicht anschreiben möchte, aber mehr ist da noch nicht passiert. Wir waren aber mit der WG schon ein paar Mal unterwegs; wir sind Volleyball spielen gegangen an einem See, haben ein Einkaufszentrum besucht oder Spieleabende gemacht.

Schöner Abend am See mit Buch