Samba, Bossa, Sertanejo…

Wenn man schon einmal während des “Carnavals” in Brasilien ist, dann muss man natürlich auch zum Karneval nach Rio fahren und da sich das auch Joni, Julia und Jonathan gedacht haben, gab es dann ein ZMÖ-Brasilien Freiwilligen-Treff zum Karneval an der Copacabana. Der Karneval war natürlich ein unvergessliches Erlebnis. In der ganzen Stadt wurde gesungen und getanzt. Besonders im Stadtzentrum wurde gefeiert, aber auch in anderen Stadtteilen wie Flamengo oder Botafogo war allerhand los. Eigentlich wollten wir dort nur an den Strand fahren, weil man von dort den besten Blick auf den Zuckerhut hat, aber plötzlich kam ein spontaner Umzug mit tausenden Cariocas, die fröhlich Karneval feierten, vorbei. Solche Erlebnisse gab es öfter und dieser Straßenkarneval ist das, was diese Tage in Rio so besonders machten. 

Straßenkarneval in Botafogo

Außerdem hatten Jonathan und ich endlich die Gelegenheit, noch viele Dinge zu unternehmen, für die wir bei unserem ersten Besuch keine Zeit mehr hatten. Dazu gehörte, den Sonnenuntergang in Ipanema zu erleben, mit der Fähre über die Bucht von Rio nach Niterói zu fahren und mit der Seilbahn auf den Zuckerhut. Von dort hat man den allerbesten Blick über Rio und besonders zum Sonnenuntergang ist das ein einmaliges Erlebnis.

Obwohl ich jetzt schon zweimal in Rio war, stehen immer noch viele Dinge auf meiner Bucketlist, wie z.B. einmal in eines der vielen Stadien in Rio zu gehen und dort dann ein Fußballspiel anzuschauen. Aber vielleicht schaffe ich ja auch das noch, bevor es wieder nach Hause geht. 

Schon eine Woche nach dem Karneval ging es für mich wieder auf Reisen in Richtung Santa Catarina. Dort hatten wir unser Zwischenseminar mit allen deutschen Freiwilligen der Lutherischen Kirche in Brasilien (IECLB). Es war sehr schön, alle anderen zu treffen und nochmal über gemeinsame Erlebnisse, aber auch Probleme während des Freiwilligendienstes zu reden. Ich habe ganz viele Ideen und Anregungen von diesem Seminar mitgenommen und auch schon einiges davon in meinem Projekt durchgeführt. Da ich von Curitiba zurückgeflogen bin, hatte ich dann dort auch noch Zeit mit Jonathan und noch zwei anderen Freiwilligen das Nachtleben zu entdecken. Ein bisschen vermisse ich als Stadtkind schon die Großstadt in meinem Dorf, aber bevor es für mich dorthin zurückging, habe ich auch noch eine Nacht in Vitória verbracht, da der letzte Bus Richtung Afonso Cláudio wieder einmal schon vor meiner Ankunft abgefahren war. Zum Glück konnte ich in einer Unterkunft der lutherischen Kirche übernachten. Dort lud mich auch gleich die Chefin in ihr Zuhause ein und plötzlich saß ich bei einer brasilianischen Familie in der Küche und wurde mit Kuchen und Keksen überschüttet. Dass es sich bei der Familie auch um Tante, Onkel und Cousinen einer Schülerin aus dem ADL handelte, hat mich kaum noch überrascht, da die “Pomeranos” in Espirito Santo meistens sehr große, weit verzweigte  Familien haben. Egal wo ich hier in Capixaba hinkomme, ich treffe immer Cousins oder Cousinen von ADL Schüler*innen. 

Nach den vielen Reisen war ich dann aber auch froh, wieder in Serra Pelada anzukommen, denn ein bisschen war es wie Nachhausekommen. Jedenfalls wurde ich gleich hocherfreut von den ganzen Jungs im Dorf begrüßt, nachdem ich aus dem Bus gestiegen war.

Das nächste große Ereignis war Ostern, das ich das erste Mal nicht zu Hause gefeiert habe.  Obwohl der Glaube hier eigentlich eine größere Rolle als in Deutschland spielt, wurde das Osterfest nicht so groß gefeiert, wie ich es erwartet hätte. Es gab zwar eine kleinere Prozession der katholischen Gemeinde in Serra Pelada, aber die Schüler hatten nur am Gründonnerstag und Karfreitag frei. Dafür wurden viele Häuser dekoriert, indem Blumen am Eingang verstreut wurden. Ich hatte auch Zeit, ein bisschen wandern zu gehen und die Natur in Lagoa zu genießen. Als Stadtkind finde ich es wirklich toll, dass ich hier innerhalb von fünf Minuten zwischen Wasserfällen und Feldern stehen kann.

Eine Woche später fand am 7. und 8. April das ADL-Fest statt. In der Municipal Afonso Claudio ist das ein ziemlich großes Event und es wurde sogar an der größten Werbetafel der Stadt direkt am Busbahnhof beworben. Das Fest wurde mit viel Musik gefeiert, hauptsächlich der hier beliebtesten Musikrichtung “Sertanejo”, welche ein bisschen wie deutscher Schlager gemischt mit Country-Musik klingt. Die Musiker*innen tragen auch oft Cowboyhüte und -stiefel und singen vom Landleben und der Liebe. Außerdem wird dazu fast immer Akkordeon gespielt und oft treten die Interpreten als Duo auf. Diese Musik wird mich für immer an die grünen Hügel, die vielen Wasserfälle und natürlich die ganzen tollen Erlebnisse in Espirito Santo erinnern. Neben der Musik gab es noch ein großes Bingo (immer sehr beliebt), bei dem mehrere Motorräder und sogar ein Auto verlost wurden. Es war sehr lustig zu sehen, wie auf einmal hunderte Menschen mit gespannten Ansagen der Zahlen gelauscht haben und nach jeder Zahl brandete irgendwo Applaus auf. Am Ende hat dann ein älteres Ehepaar das Auto gewonnen. Ich habe die meiste Zeit am Pastel-Stand gearbeitet. Das sind frittierte Teigtaschen, welche es hier an jeder Ecke gibt. Es hat viel Spaß gemacht, aber am Ende des Tages roch ich dann auch, als hätte ich selbst in der Fritteuse gebadet. Leider mussten auch alle Schüler*inne bei dem Fest mithelfen. Deswegen hatten sie gar nicht so viel davon und konnten eigentlich nicht so viel mitfeiern, aber ein Hauptziel des Festes ist es, Geld für die Einrichtung zu sammeln und Werbung für das Projekt zu machen.

Danach fand Ende April noch die “Semana de Canto”, also die Woche des Gesangs im ADL statt. Es waren vier Tage voller Musik, bei denen sehr viele Gäste aus ganz Brasilien gekommen sind, um zum Beispiel Gesangs- oder Instrumentalunterricht zu nehmen. Ich konnte am Klavierkurs teilnehmen und dort typisch brasilianische Rhythmen wie Bossa (Nova) lernen. Zum Abschluss gab es dann auch noch ein wunderbares großes Konzert. 

Ich finde, inzwischen kenne ich hier schon sehr viele Mitglieder der Lutherischen Kirche in Espirito Santo und fühle mich immer ein bisschen “Capixaba”, wenn ich so viele Leute hier wieder treffe.

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