Von Flugzeug zu Nudeln

Als ich das erste Mal in China angekommen bin, wusste ich nicht, was mich erwarten würde. Ich durchlebte ein komplettes Gefühlschaos, war aufgeregt, neugierig – und ehrlich gesagt, ziemlich nervös. Ich habe mich gefragt, was wohl alles schiefgehen könnte, wie ich bei Problemen agieren sollte und hatte teilweise wirklich Angst. Ein Jahr meines Lebens würde ich nun in einem fremden Land verbringen.

Schon die ersten Tage haben mir jedoch ein sicheres Gefühl gegeben. Meinem jetzigen Gefühlsstand nach bin ich mir sicher, dass diese Reise mein Leben nachhaltig prägen wird, da jeder einzelne Schritt meiner Seite und jeder neue Eindruck, sowie jede neue Begrüßung eines neuen Menschen in meinem Leben mir das Gefühl gibt, dass ich hier willkommen bin.

Wir Freiwilligen in China haben eine Achterbahn an Gefühlen erlebt, von unzähligen neuen Ankünften und Reisen, aber auch Besichtigungen und Kennenlernen von wichtigen historisch-kulturellen Orten oder das Kennenlernen von Personen, die man schon nach kurzer Zeit in sein Herz geschlossen hat. Von einigen dieser Momente und Personen, die ich, auch wenn ich wieder in Deutschland bin, mit Sicherheit niemals vergessen kann, aber auch niemals vergessen möchte, und auch von einem Teil meiner bisherigen Erfahrungen und Erlebnisse möchte ich jetzt erzählen.

Am 6. August war es soweit: Meine Mitfreiwilligen und ich sind nach einem langen, aber tatsächlich problemlosen Flug in Nanjing angekommen. Zunächst gab es Abendessen, welches das erste chinesische Essen für uns gewesen ist. Obwohl ich den für uns Verantwortlichen im Voraus nicht über meine vegetarische Ernährung Bescheid gegeben habe, fiel es mir nicht schwer, Essen ohne Fleisch und Fisch zu bekommen, da in China viel Gemüse gegessen und zubereitet wird. Was mir an China sehr gefällt, ist, wie hier gegessen wird: Es gibt bestimmte Regeln und Essgewohnheiten, auf die man zu achten hat, da diese zur Kultur und Tradition Chinas gehören.

Glücklicherweise wurden uns diese Regeln nicht nur bei den Vorbereitungen, sondern auch an dem Tag während des Essens mitgeteilt. Fehler waren jedoch nicht sehr schlimm, da wir nur unter uns gegessen haben, wodurch das Essen eine perfekte Übung für kommende Anliegen dargestellt hat. Das Essen wird traditionellerweise in die Mitte eines drehbaren Tisches gestellt, und jeder kann sich von den verschiedenen Gerichten etwas auf seinen eigenen kleinen Teller tun, was ich als sehr vorteilhaft empfinde, da man sich so nicht nur für ein Gericht, wie es normalerweise in Deutschland ist, entscheiden muss, sondern von allem probieren kann.

Einen besonderen Eindruck hat auf mich unsere erste Kalligrafie-Stunde gemacht. In dieser Stunde hat uns ein Kalligraf (书法家) gelehrt. Auf Chinesisch nennt man einen Kalligrafen Shūfǎ jiā, was übersetzt so viel wie „Meister der Kalligrafie“ bedeutet. Faszinierend ist vor allem, wie hier Kunst und Schrift verbunden werden. Die fließenden Linien lassen die geschriebenen Schriftzeichen wie Kunstwerke aussehen. Um die Wirkung eines Kunstwerks zu erreichen, braucht man aber sehr viel mehr als einige Stunden an Übung, wie wir feststellen mussten, da wir trotz fleißiger zwei bis drei Stunden noch immer nicht komplett zufrieden gewesen sind. Mit Sicherheit werdet ihr in ein paar Monaten in meinem Blog von Fortschritten hören, ich werde dranbleiben!

Am 9. August haben wir schon unseren ersten Freund in China gefunden. Getroffen haben wir uns, als wir in ein Restaurant gehen wollten. Er war gerade dabei, nach der Arbeit nach Hause zu gehen, doch haben wir ihn gefragt, wo wir hingehen könnten, woraufhin er zusammen mit uns in einen kleinen Laden gegangen ist. An dem Abend haben wir die Möglichkeit bekommen, ihn genauer kennenzulernen. Sein Name ist für uns genauso schwer auszusprechen, wie es für ihn mit unseren Namen ist, weshalb er den Spitznamen „Peter“ und ich den Spitznamen „Nana“ bekommen habe. Da Gastfreundschaft in China besonders großgeschrieben wird, bestand er darauf, für uns zu bezahlen. Dies war der Anlass für uns, ihn am nächsten Tag, an dem wir etwas mehr Freizeit zwischen unseren Vorbereitungsstunden bekommen haben, auf ein Mittagessen einzuladen. Was mir durch das Zusammenkommen zum Essen aufgefallen ist, ist, dass die Menschen in China völlig anders mit ihren Handys am Tisch umgehen. Anders als in Deutschland, wo es unhöflich ist, auch nur kurz am Handy zu sein, wird es hier als normal angesehen, sich während des Essens Videos anzuschauen und anderen Menschen zu schreiben. Selbstverständlich ist das anders bei Arbeitsessen oder bei Essen mit Menschen, die hier in einer Autoritätsposition sind, doch ist es unter Freunden und Bekannten gängig.

Eine weitere Freundin, die ich in Nanjing kennenlernen durfte, heißt Mai. Nachdem wir in einer Mall in Nanjing unterwegs gewesen sind, haben sich ein paar Freiwillige und ich auf die Treppen eines Skateplatzes hingesetzt. Mai, die mit anderen Freunden dort gewesen ist, kam auf uns zu, und wir haben eine kleine Unterhaltung gehabt. Sie hat gefragt, ob wir Freunde auf WeChat sein können, und ich habe zugestimmt. Später haben wir geschrieben und uns für die kommenden Tage verabredet. An den darauffolgenden Tagen haben wir uns sehr oft getroffen. Sie hat uns einen Tempel in Nanjing gezeigt und ist mit uns in eine belebte Einkaufsstraße gegangen, wo wir nach Souvenirs schauen konnten. Zudem hat sie uns einige typisch chinesische Gerichte gezeigt. Interessant an Mai ist ihre Weltoffenheit. Nicht nur, weil sie extrovertiert und aufgeschlossen genug war, um auf uns zuzukommen, sondern auch, weil eines ihrer größten Interessen das Reisen und das Kennenlernen von anderen Kulturen ist. Zum Beispiel hat sie uns erzählt, dass sie in Australien surfen gewesen ist oder hat uns von ihrem Aufenthalt in Deutschland berichtet. Ihre Vorliebe zum Reisen erklärt, warum ihr Englisch so gut ist, wir konnten uns wirklich lange unterhalten.

Da wir in der ersten Woche in Nanjing besonders viel Freizeit gehabt haben, hatte es sich für uns die Möglichkeit ergeben, neben dem Eingewöhnen besonders viele Kontakte zu knüpfen, was wir dementsprechend auch genutzt haben. Bei den meisten Chinesen gibt es eine Sprachbarriere, die jedoch kein Problem darstellt, da jeder Mensch in China WeChat hat. Der Messenger übersetzt jede Nachricht, die man erhält, in die Muttersprache um.

Beschäftigter sind wir in den zwei Wochen darauf in Lanzhou gewesen, da wir dort intensiver und sehr viel länger darauf eingegangen sind, wie man zu unterrichten hat.

Wir haben gelernt, wie man sich zu kleiden hat, beziehungsweise was man bedecken soll, wie man sich den Respekt der Schüler „verdient“ und wie man seine Stunden zu planen und durchzuführen hat. Als Übung hierfür sollten wir schon richtige Stunden planen und dabei genauer auf die Einführung, das Aneignen von neuem Wissen, das Arbeiten mit dem neuen Wissen und auf die Schlussfolgerungen vom Unterricht achten. Auch sollten wir unsere erste Stunde, die wir an unseren Schulen halten würden, schon planen, sollten also Präsentationen vorbereiten, in welche wir uns selbst etwas vorstellen, um Feedback voneinander und von unseren Lehrern vor Ort bekommen zu können.

Nebenbei haben wir auch Wichtiges kulturelles gelernt, so waren wir beispielsweise im „Gansu Provincial Museum“. Das Museum liegt am Ufer des Gelben Flusses, dem zweitlängsten Fluss Chinas, und ist eines der frühesten umfassenden Museen in China. Es verfügt über mehr als 80.000 historische Artefakte und Naturexemplare. Von der Antike bis zur Neuzeit Gansus, man fand dort alles.

Im Kopf ist mir die Stadt Jiankang geblieben. Während der Zeit der sechs Dynastien, in denen China politisch instabil gewesen ist, da es mehrere konkurrierende Dynastien gab, die um die Vorherrschaft kämpften und Süden und Norden oft getrennt gewesen sind, hat die Stadt Jiankang die Rolle des politischen Zentrums, oder auch die der Hauptstadt, insbesondere für den Süden übernommen. Der soziale und politische Aufruhr trug damals zur Verbreitung von Taoismus und Buddhismus bei, sodass zahlreiche buddhistische Tempel um Jiankang errichtet wurden. Bevor dies geschah, gab es nur den Konfuzianismus und den chinesischen Volksglauben.

Nach den zwei Wochen wurde es Zeit für mich, meine eigene Einsatzstelle kennenzulernen: Wir sind endlich nach Huixian gefahren. Begleitet haben uns zwei Lehrer, die wir schon in Lanzhou treffen konnten. Am selben Abend schon haben wir mit vielen Lehrern und dem Schulleiter zusammen gegessen, weshalb ich umso mehr dankbar dafür bin, dass wir die Chance bekommen hatten, schon in Nanjing über die Regeln des gemeinsamen Essens hier aufgeklärt zu werden.

Über Huixian und meine Einsatzstelle gibt es natürlich auch noch ganz viel zu erzählen und ich freue mich schon darauf meinen nächsten Bericht zu schreiben…

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(  ̳• · • ̳)
/    づ♡ Eure Heli<3

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